Mit der Digitalisierung fand in den letzten 10-20 Jahren die grösste wahrnehmbare Veränderung der Krankengeschichte in der Schweiz statt. Mit der elektronisch dokumentierten Anamnese wurde ein analoger Prozess 1:1 in einem digitalen System abgebildet, ohne grössere Änderungen auf Prozess-Ebene.
Für alle praktizierenden Ärzte ist die Erhebung der Patientenanamnese essenziell. Die Anamnese dient der Diagnosenstellung und ist Ausgangspunkt für das weitere Prozedere. In Spitälern wurde die digitale Selbstanamnese-Lösung bereits mehrfach eingeführt. Der Nutzen besteht vor allem aus der effektiven Zeit- und Kostenersparnis sowie der Verbesserung der Datenqualität. Obwohl Zeit- und Kostendruck sowie Ressourcenmangel im Gesundheitswesen allgegenwärtig sind, haben die Arztpraxen bisher noch keine vermehrte digitalisierte Unterstützung gefordert.
In dieser Master-Arbeit wird das Marktpotential einer digitalen Patienten-Selbstanamnese in Arztpraxen evaluiert und ein möglicher Lösungsvorschlag für ihre Implementierung präsentiert.
Das Prozessdiagramm zeigt ein zukünftig möglicher "Soll Prozess".
Der Ist-Prozess der Anamnese-Erhebung bei einem Arztbesuch soll mit einem Prozess-Diagramm systematisch dargestellt und daraus ein zukünftiger, möglicher Soll-Prozess inkl. digitaler Patienten-Selbstanamnese abgeleitet werden. Aus Studien und Erfahrungsberichten zu Selbstanamnese-Lösungen, die in Schweizer Spitälern im Einsatz sind, werden die theoretischen Zeit- und Kosteneinsparungen ermittelt. Schliesslich soll mit Interviews die Bereitschaft der Praxis-Ärzte für eine digitale Patienten-Selbstanamnese abgeklärt werden.
Die Analyse der gegenwärtigen Anamnese in Schweizer Arztpraxen zeigt, dass keine der Praxen eine digitale Selbstanamnese-Lösung im Einsatz hat. Die Ergebnisse der Interviews weisen darauf hin, dass die Praxen für eine digitale Selbstanamnese-Lösung noch nicht bereit sind, obwohl sich gewisse Ärzte die Vorteile einer digitalen Lösung durchaus vorstellen können. Vor allem Fachärzte können sich den Einsatz einer digitalen Selbstanamnese-Lösung für spezifische Krankheitsbilder vorstellen.
Die Analyse der Situation in Spitälern, welche seit längerer Zeit erfolgreich mit einer digitalen Selbstanamnese-Lösung arbeiten, ergab nebst einem wirtschaftlichen auch einen qualitativen Nutzen.
Für die Schweizer Arztpraxen kann eine schrittweise Einführung angestrebt werden. Eine mögliche Option wäre, mit einem spezifischen Fachgebiet zu starten welches bereits eine hohe Bereitschaft für die Implementierung einer Selbstanamnese-Lösung hat. Dafür könnte man Synergien nutzen, indem ein Fachgebiet gewählt wird, das die digitale Lösung bereits aus dem Spital kennt.