Der Reduktionsfaktor kv2 ist eine Abminderung der Beplankungsfestigkeit infolge Zusatzbeanspruchungen, welche unter anderem aus dem Abstand von Rippenachse und Beplankungsmittelflächen und aus diskontinuierlichen und rechtwinklig zu den Rippenachsen gerichteten Kräften resultieren.
Die Bemessung von aussteifenden Holzrahmenbauwänden wird von Schweizer Holzbauingenieurbüros unterschiedlich gehandhabt. Nach SIA 265 wird für die Berechnung des Tragwiderstands nur der Abscherwiderstand der Verbindungsmittel berücksichtigt. Nach DIN 1052 muss zusätzlich der Schub- und Beulwiderstand der Beplankung nachgewiesen werden. Dabei muss jeweils die Festigkeit der Beplankung je nach Anordnung (einseitig oder beidseitig) mit einem Faktor kv2 (0,33 oder 0,5) abgemindert werden. Somit sollen resultierende Zusatzbeanspruchungen berücksichtigt werden. Dies bedeutet, dass der Tragwiderstand bei einer konventionell, symmetrisch aufgebauten Holzrahmenbauwand pauschal um 50 % reduziert werden muss. Da diese Reduktion jedoch nirgends richtig belegt ist und von einigen Ingenieurbüros als zu konservativ angesehen wird, ist die Handhabung der Bemessungsweise sehr unterschiedlich. Dies führt dazu, dass gewisse Ingenieure kv2 einbeziehen und andere nicht. Das heisst, die einen haben aufgrund der Abminderung einen höheren Materialeinsatz und die anderen evtl. eine Unterbemessung der Bauteile.
Anhand rechnerischer Betrachtung und Versuchen wurde der Reduktionsbeiwert kv2 für Holzrahmenbauwände mit Beplankungen aus OSB/3-Platten genauer untersucht. Die Untersuchungen sollten zeigen, wie gross der Einfluss der Zusatzbeanspruchung aus der Exzentrizität der Krafteinleitung zwischen Plattenebene und Verbindungsmittel ist (wurde in bisherigen Versuchen als grösste Zusatzbeanspruchung erkannt). Zudem sollten die Untersuchungen zeigen, was für kv2 angenommen werden kann.
Im Rahmen dieser Bachelorarbeit wurden 15 Wandscheiben reduzierter Grösse mit unterschiedlichen Parametern getestet. Da diese Arbeit im Rahmen des Arbeitspaket 2 des Forschungsprojekt «Wände mit Öffnungen» verfasst wurde, wurden zusätzlich die Ergebnisse von 12 weiteren Wandscheiben in diese Arbeit miteingebunden. Die Tragfähigkeit der Wandscheiben wurde nach dem Prüfverfahren der ISO 21581:2010 auf dem grossen Prüfrahmen in Biel an der BFH untersucht.
Aus der Analyse der Ergebnisse geht hervor, dass der ermittelte Reduktionsbeiwerte kv2 für einseitig beplankte Wandscheiben rund 60 % höher ist (0,85), als er in der DIN 1052 (0,33) festgelegt wurde. Das heisst, die Abminderung der Beplankungsfestigkeit ist um 60 % geringer als in der Norm. Für beidseitig beplankte Wandscheiben wurde ein um 40 % grösserer Reduktionsbeiwert ermittelt. Das heisst 0,80 anstatt 0,5 gemäss DIN 1052.
Da aus den einseitigen und beidseitigen Wandscheibenversuchen ein Reduktionsbeiwert in einem ähnlichen Bereich ermittelt wurde, wird vorgeschlagen, den Reduktionsfaktor für einseitige oder beidseitige Beplankungen nicht mehr zu unterscheiden und nur einen Reduktionsbeiwert festzulegen. Unter Berücksichtigung von Bemessungsempfehlungen, Ergebnissen aus früheren Versuchen, des geringen Stichprobenumfangs dieser Wandscheibenversuche und den nicht berücksichtigten Einflüssen aus gewissen Zusatzbeanspruchungen, wird in dieser Arbeit ein Reduktionsbeiwert von 0,7 vorgeschlagen.