Zuverlässige Tragwerksanalysen können helfen, die Erdbebentauglichkeit eines Gebäudes zu ermitteln. Dabei ist die Grundschwingzeit von grosser Bedeutung. Im Rahmen der Tragwerksanalyse von Holzbauten ergeben numerische Simulationen im Vergleich zu experimentellen Untersuchungen erfahrungsgemäss zu lange Grundschwingzeiten. Die Thesis soll die Grundlagen für die Erstellung eines Leitfadens zur korrekten Ermittlung und Plausibilisierung von Grundschwingzeiten erweitern.
Durch eine korrekte Abschätzung der Grundschwingzeit können Bauvorhaben an Neu- und Bestandsbauten erdbebengerecht bemessen und ressourceneffizient geplant werden. Der Grund für die Diskrepanz zwischen der experimentell ermittelten Grundschwingzeit und den Ergebnissen der numerischen Simulation wird bei der Vernachlässigung der vertikal tragenden und der sekundären Bauteile bei der Modellierung vermutet. Die Vernachlässigung führt dazu, dass die globale Steifigkeit bei der numerischen Simulation unterschätzt wird. Das Institut für Holzbau (IHB) der Berner Fachhochschule erarbeitet einen Leitfaden zur Ermittlung der Grundschwingzeit von Holzbauten. Dieser Leitfaden soll Ingenieur*innen helfen, die Grundschwingzeit von geplanten Gebäuden besser zu berechnen und zu plausibilisieren.
Ziel dieser Thesis ist es, die aktuelle Datengrundlage mit neuen Erkenntnissen anzureichern, um die Grundschwingzeit von Holzbauten künftig besser abschätzen und plausibilisieren zu können. Damit wird ein Beitrag zu dem vom IHB geleiteten Forschungsprojekt geleistet.
Zur Schaffung einer realitätsbezogenen Zahlenbasis wurde die Grundschwingzeit eines dreigeschossigen Wohngebäudes in Holzrahmenbauweise sowie einer dreigeschossigen Schulanlage mit einem hybriden Aussteifungssystem aus Brettsperrholz- und Holzrahmenbauwänden jeweils mittels LAAVT ermittelt. Anschliessend fand ein Vergleich dieser Ergebnisse mit der numerischen Simulation statt. Dabei wurden neben dem Aussteifungssystem auch weitere Bauteile, welche zur Steifigkeit beitragen, berücksichtigt.
Die experimentell ermittelten Grundschwingzeiten sind kürzer als diejenigen, die mittels einer bewährten Schätzformel berechnet werden können. Die Ergebnisse der numerischen Simulation für das Gebäude in Holzrahmenbauweise überschreiten zunächst den vorgeschlagenen plausiblen Bereich mit einer oberen Grenze von 2 * T1,est deutlich. Beim Gebäude mit hybridem Aussteifungssystem liegen die Grundschwingzeiten unterhalb der oberen Grenze. Durch die Berücksichtigung von zusätzlichen, neben dem eigentlichen Aussteifungssystem vorhandenen Steifigkeiten konnte die Diskrepanz zwischen Messung und numerischer Simulation minimiert werden. Das Wohngebäude hat einen globalen Steifigkeitsfaktor von bis zu 5,3, während das Schulgebäude einen Faktor von bis zu 2,6 aufweist. Sowohl die interpretierten Messungen als auch die numerisch ermittelten effektiven Grundschwingzeiten liegen im vorgeschlagenen plausiblen Bereich.
Durch die Thesis wird bestätigt, dass durch die numerische Simulation ausreichend genaue Grundschwingzeiten ermittelt werden können. Dafür müssen neben dem Aussteifungssystem auch andere für die Steifigkeit relevante Bauteile berücksichtigt werden. Die vorgeschlagenen Plausibilisierungsmethoden wurden durch die Ergebnisse der Messungen sowie durch die numerische Simulation bestätigt.