Damit die Schweiz ihre Klimaziele bis 2050 erreicht, hat sich die Gesellschaft entschieden, bis 2050 Netto-Null Treibhausgasemissionen auszustossen. Der Bausektor stösst rund 40% der gesamten Treibhausgasemissionen aus. Wie mit dem biogenen Kohlenstoff im Holz umgegangen wird, ist eine aktuelle Debatte in der Wissenschaft und Industrie. In dieser Arbeit werden die kontrovers diskutierten Standpunkte genauer beleuchtet und gegenübergestellt.
Das Netto-Null-Ziel für Treibhausgasemissionen ist im Klima- und Innovationsgesetz verankert. Dabei soll die Schweiz bis 2050 nicht mehr Treibhausgase in die Atmosphäre ausstossen, als durch natürliche und technische Speicher aufgenommen werden können. Der Bausektor, zu welchem auch die Holzbranche zählt, stösst rund 40% der gesamten Treibhausgasemissionen aus. Emissionsintensive Baustoffe wie Zement und Stahl haben dabei einen Hauptanteil. Bauen mit Holz kann Abhilfe schaffen, diese Baustoffe zu substituieren. Ein weiterer Vorteil ist die Sequestrierung von Kohlenstoff der Wälder durch die Photosynthese und die weitere Speichermöglichkeit des Kohlenstoffs im geernteten Holz (3-S Funktion).
Auch im Herstellungsprozess von Holzprodukten (A1-A4) fallen fossile Treibhausgasemissionen an. Andererseits hat der Rohstoff Holz die Fähigkeit Kohlenstoff kurz- bis mittelfristig einzuspeichern und wird von manchen als möglichen Beitrag für Netto-Null Ziele im Bauwesen angesehen. Die Vermischung von biogenen und fossilen Emissionen, bzw. Sequestrierung von Kohlenstoff durch die Wälder und Einspeicherung in Holzprodukten macht die Definition von «klimaneutral» in der Holzwirtschaft komplexer als oftmals kommuniziert. Wie mit dem biogenen Kohlenstoff im Holz für die zukünftigen Berechnungen von Ökobilanzen z.B. von Gebäuden umgegangen wird, ist eine aktuelle Debatte in der Wissenschaft und Industrie. Wie geht die Schweizer Holzwirtschaft mit dieser Debatte um und was sind die Auswirkungen zur Dekarbonisierung auf Unternehmensebene?
Zunächst wurde eine Übersicht des aktuellen Wissenstandes in Bezug zu Netto-Null Zielen im Bauwesen und zum verallgemeinertem CO2-Fussabdruck der Schweizer Holzwirtschaft erstellt. Durch die Literaturrecherche wurden vier Ebenen als Perspektiven für die Experteninterviews definiert. Die Aussagen aus den Interviews wurde anschliessend mit den Erkenntnissen aus der Literaturrecherche abgeglichen und diskutiert.
Die Positionierung der Schweizer Holzwirtschaft in der aktuellen Diskussion über Netto-Null Ziele bis 2050 ist komplex und lässt sich nicht eindeutig feststellen. Die Debatte ist von hoher Relevanz. Die Interviews zeigen, dass die Holzwirtschaft Schweiz in dieser Thematik vor einer Herausforderung steht, die als «zweischneidiges Schwert» betrachtet werden kann. Einerseits können die eher «kleinen CO2-Fussabdrücke» als positives Argument des Holzbaus für Reduktionsmassnahmen im Bauwesen dienen. Grosse Unternehmen stehen zunehmend in der Verantwortung, Bilanzen zu erstellen und sich im Scope 3 zu reduzieren. Gemäss den Interviews ist dies mit einigen Schwierigkeiten verbunden. Ob bisherige Praktiken innerhalb der Branche noch Netto-Null kompatibel sind, ist fraglich. Es ist mehr innovative Forschung nötig im Bereich von temporären Kohlenstoff-Senken, dynamischen Ökobilanzen und Methodologien, um den biogenen Kohlenstoff vom Wald bis ins Gebäude und darüber hinaus nachzuverfolgen. Dies mit dem Ziel, auch zukünftig gegen die Zementindustrie zu bestehen, die sich mit CSS und rekarbonatisiertem Beton grün gibt.