Medizinische Guidelines sind systematisch entwickelte Empfehlungen, die Ärztinnen und Ärzte bei evidenzbasierten Entscheidungen bezüglich Diagnose und Therapie unterstützen. Ihr Einbezug verbessert Therapieentscheidungen, doch das Nachlesen wird als zeitaufwändig und kompliziert empfunden. Die Webapplikation GuideApp wurde als Proof of Concept entwickelt, um diese Probleme anzugehen, und dient als Basis für zukünftige Projekte in diesem Bereich.
Im Vorprojekt «Medizinische Guidelines in Documedis» wurde untersucht, wie Guidelines in den digitalen Medikationsprozess integriert werden können. Dafür wurde eine Datenbankstruktur für Dosierungsempfehlungen sowie ein Mockup erarbeitet. Auf dieser Basis wurde in der Bachelorthesis die Webapplikation GuideApp als Proof of Concept entwickelt. Weiter wurde für die GuideApp eine summative Evaluation durchgeführt und ein Konzept erstellt, um die Frage zu klären, wie das Produkt markttauglich gemacht werden kann.
Die entwickelte Webapplikation ermöglicht Hausärztinnen und Hausärzten die Suche nach Dosierungsempfehlungen basierend auf den 15 Guidelines der Schweizerischen Gesellschaft für Infektiologie (SSI) (vgl. Abbildung 1). Die strukturierten Daten erlauben eine Filterung der Resultate, sodass nur die relevanten Empfehlungen angezeigt werden. Darüber hinaus wurden Funktionalitäten eingebaut, welche das Potenzial einer solchen Applikation aufzeigen. Dazu gehört die automatische Altersfilterung anhand des Geburtsdatums und die Dosierungsberechnung bei Kindern basierend auf dem eingegebenen Gewicht. Bei der summativen Evaluation wurde die GuideApp mit der Webseite ssi.guidelines.ch verglichen. Dazu wurden mit acht Hausärztinnen und Hausärzten jeweils vier Testfälle durchgeführt. Die Evaluation zeigte, dass die Effizienz mit der GuideApp etwas geringer, die Qualität jedoch leicht erhöht war. Die Gebrauchstauglichkeit der GuideApp wurde im Durchschnitt mit 4,88 von 5 Punkten bewertet. Das Konzept zeigt auf, wie die GuideApp mit Quellen und Inhalten erweitert und wie eine Integration in Primärsysteme realisiert werden könnte. Zudem werden verschiedene Datenerfassungsprozesse aufgezeigt, sodass die Aktualität in Zukunft gewährleistet werden kann.
Der Proof of Concept bildet eine solide Grundlage für die Digitalisierung von Dosierungsempfehlungen aus Guidelines. Die Gebrauchstauglichkeit konnte durch die summative Evaluation bestätigt werden, die Effizienz und die Qualität hingegen waren schwierig zu messen. Für eine markttaugliche Lösung ist die Integration in Primärsysteme essenziell. Einerseits kann das Fehlen einer solchen Anbindung ein Hindernis für die Benutzung von Guidelines sein. Andererseits können so weitere Hindernisse, wie beispielsweise der Mangel an Zeit oder der erschwerte Zugang zu Guidelines, reduziert werden. Auch die Effizienz der GuideApp könnte dadurch verbessert werden. Schlussendlich entsteht der grösste Mehrwert durch die Weiterverwendung der strukturierten Daten. Als Beispiele dafür haben die Testpersonen die Dosisberechnung für Menschen mit Niereninsuffizienz genannt.